Panel: Zur Ausweitung des Flüchtlingsbegriffs: Wechselwirkungen zwischen Schutzstatus und Eigenwahrnehmung migrantischer Gruppen

Abstract

Die Fluchtforschung verweist seit vielen Jahren auf eine Tendenz zur definitorischen Ausweitung des Begriffs "Flüchtling" und seine Anwendung auf sämtliche Personengruppen, die aus unterschiedlichen Gründen ihr Herkunftsland verlassen müssen und einen Schutzbedarf haben. Vielen Autor*innen scheint die Definition nach der Genfer Flüchtlingskonvention zu exklusiv sowie eine Unterscheidung zwischen Verfolgung und anderen Formen der Zwangsmigration als normativ nicht tragfähig (vgl. Kersting, 2020, S. 13). Mitunter wird auch politisch gefordert, beispielsweise Personen, die aufgrund von klimatischen Bedingungen und Umweltbedingungen migrieren (müssen), Zugang zum Flüchtlingsschutz zu gewähren. Dabei setzen diese Forderungen an der bürokratischen Praxis von Rechtsstaaten an, auf Grundlage von rechtlichen Normen schutzbedürftige Personengruppen als solche zu kategorisieren, um einen geordneten Zugang zu Flüchtlingsschutz und Asyl zu ermöglichen.

Unser Panel fragt danach, welche Konsequenzen mit der Ausweitung des Flüchtlingsbegriffes für den Flüchtlingsschutz selbst und für betroffene Personen einhergehen. Damit soll einerseits die Weiterentwicklung des Flüchtlingsschutz im Vordergrund stehen und das zugrundeliegende Rechtsverständnis untersucht werden. Andererseits soll betrachtet werden, wie migrantische Gruppen mit eine Einordnung als „Flüchtlinge“ umgehen. Als Fremdkategorisierung impliziert der Begriff Vorstellung und Erwartungen, die Betroffene und deren Zugehörigkeitserfahrungen prägen und von diesen verhandelt werden.

Eingeladen sind Beiträge der Sozialwissenschaften, Rechtswissenschaften, Anthropologie und verwandter Disziplinen, die dieses Zusammenwirken von Kategorien als (u.a.) rechtliche Konstrukte, soziale Imaginationen und Zuschreibungen, sowie eigene Konzeptionen von Geflüchteten beleuchten und vor dem Hintergrund asymmetrischer Machtverhältnisse kritisch befragen.

in-person event